Am 15. September 1965 machten die Rolling Stones im Rahmen ihrer ersten Deutschland-Tournee Station in Berlin. Kein anderes ihrer Konzerte ging so in das kollektive Gedächtnis der Bundesbürger ein wie jenes auf der Waldbühne. Das, was sich während der Auftritte der Vorbands schon abzuzeichnen begann, sollte bei den Stones seinen Höhepunkt erfahren: aus brodelnden Zuschauergruppen heraus entstanden Tumulte, in deren Verlauf Feuerwerkskörper gezündet, die Bühne gestürmt und der Veranstaltungsort verwüstet wurde. Nicht wenige der über 20.000 Konzertbesucher und der schließlich Wasserwerfer einsetzenden Polizeikräfte wurden verletzt. Es dauerte fast vier Stunden, bis die Lage unter Kontrolle gebracht werden konnte. Der Ruf der Rolling Stones und ihrer Fans als die lautesten, wildesten und gefährlichsten im Bereich Rock-Pop wurde zementiert und Presse und Öffentlichkeit schossen sich ein: „Sie sind die hässlichste Beat-Gruppe in England. Sie sehen wie ungekämmte, langhaarige, ungewaschene Höhlenmenschen aus, die soeben aus der Eiszeit aufgetaucht sind. Und sie geben Geräusche von sich, deren Rhythmus, nach Meinung vieler, aus der Zeit zu stammen scheint, in der man seinem Liebeswerben mit Steinkeulen Nachdruck verlieh“ (WDR) – weiteres Wasser auf die Mühlen eines Generationenkonflikts, in der Wertevorstellungen des Establishments und der Nachkriegsgeneration aufeinanderprallten.
Wolfgang W. Schüler
 
		